Willkommen bei der Gesichtsfeldausfall-Selbsthilfegruppe Niederrhein

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Geschichten

So war es


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Wenn ich so an den Zeitraum im Jahr 1999 vor der Gehirnblutung betrachte muß ich feststellen, daß die verschiedensten Symptome das Ereignis verursachten.
Es begann eigentlich alles im Frühjahr 1999. Bei meiner jährlichen Routineuntersuchung meldeten sich mit meinen 53 Jahren erstmals der Bluthochdruck mit Werten teilweise über 150/100. Und der Diabetes Typ II. Bei den regelmäßigen jährlichen Checks in den Vorjahren waren diese Werte immer im grünen Bereich. Mein Hausarzt war mit mir sehr zufrieden.
Außerdem entschied ich mich wegen meiner nächtlichen Schnarchkonzerte mit Atemaussetzern, welche auch meine Frau um ihren Schlaf brachten, das Schlaflabor in Wesel aufzusuchen. Dies wurde auch langsam immer notwendiger, zumal ich selber einige Anzeichen für eine Schlafabnoe bemerkte. Auf den täglichen Zugfahrten von Wesel nach Düsseldorf und zurück schlief ich immer schneller und öfter über meiner Zeitung ein. Vor allem nachmittags auf der Rückfahrt. So richtig bewußt wurde mir diese Krankheit, als mir während einer Besprechung in meinem Büro plötzlich die Augen zufielen. Mein Freund bemerkte, dass ich eingenickt war und sprach mich direkt an. Das Gespräch war natürlich weitergeführt worden. Ich habe nicht mehr alles mitbekommen. und habe den Faden verloren. Ich ging dann im Mai 1999 ins Schlaflabor. Hier wurde festgestellt, daß ich eine Schlafabnoe habe, die unbedingt behandelt werden sollte. Auch ist mein Übergewicht und der Bewegungsmangel aufgrund meiner sitzenden Tätigkeit im Amt ein erhöhter Risikofaktor.

Außerdem hatte ich noch in 1999 privaten und beruflichen Streß.

Der 21. Oktober 1999, danach war alles anders:

Dieser Tag war eigentlich ein ganz normaler Arbeitstag. Um 5:30 Uhr mit dem Zug nach Düsseldorf und gegen 17:00 Uhr wieder zurück nach Wesel. Als ich dann in Wesel ankam, musste ich noch Unterlagen und den Wagen von meinen Eltern holen, kurz den Vater im Krankenhaus besuchen und dann nach Xanten - Marienbaum zum Termin fahren. Gegen 20:30 Uhr fuhr ich vom Termin nach Hause und bekam während der Rückfahrt starke Kopfschmerzen. Es war dunkel und trüb, ich mußte mich sehr auf den Gegenverkehr konzentrieren und die Kopfschmerzen wurden immer stärker. Ich rief zu hause an, daß ich in einer viertel Stunde zu hause bin, und Christina sollte mich bei meinen Eltern abholen. Ich erzählte ihr von meinen Kopfschmerzen. Ich schaffte es gerade noch den Wagen in die Garage zu setzen und war froh, daß Christina mich zu unserer Wohnung fuhr.

Ich weiß dann nur noch, dass ich meiner Frau fast in die Arme fiel, und sie mich nach oben in die Wohnung brachte. Ich kann mich nur noch daran erinnern, daß ich eine große innere Unruhe verspürte und mich eigentlich nicht hinlegen wollte. Ich kann nur sagen, ich habe großes Glück gehabt weil

1. meine Frau ist Krankenschwester und wußte sofort was mit mir los war.

2. ich hatte einen guten Notarzt an diesem Abend. Er handelte sofort richtig und umsichtig.

3. es wurde im Krankenhaus sofort ein CT gemacht und mit dem Taxi in die Uni-Klinik nach Essen geschafft.

4. in der Nacht wurde ich noch in die Uni Klinik Essen verlegt.

An die Fahrt nach Essen kann ich mich überhaupt nicht erinnern Nach den Erzählungen meiner Frau muß ich sehr unruhig gewesen sein, ich hatte schon die ersten Lähmungserscheinungen im Mundwinkelbereich und Gefühlsstörungen. Der Notarzt war eigentlich davon ausgegangen, daß ich in der Nacht noch sofort operiert würde. Da ich aber noch ansprechbar war, wurde die Operation auf vormittags verlegt. Mehr weiß ich nicht mehr.

Ich erwachte irgendwann nach der Operation auf der Intensivstation. Dort kann ich mich irgendwann daran erinnern, dass noch jemand neben mir lag. Dieser Patient stöhnte immer sehr laut. Manchmal schrie er sogar. Vielleicht , weil er sich immer wieder die Kanülen zog. Als ich dann in den nächsten Tage von der Intensiv auf die normale neurologische Station verlegt wurde, war mir das ganze Dilemma erst langsam richtig bewußt. Bei leichten Kopfschmerzen aufgrund der Operation bekam ich immer große Angst. Bei den Mahlzeiten und beim Toilettengang wurde mir klar, daß ich einen linksseitigen Gesichtsfeldausfall von 6:00 Uhr bis 12:00 Uhr hatte. Ich hatte große Mühe mich auf dem kurzen Weg vom Zimmer zur Toilette auf dem Flur und wieder zurück ins Bett zurechtzufinden.

Schlimmer empfand ich es dann noch, als ich auf die normale Station verlegt wurde und von dort für Untersuchungen ins Stationszimmer zum Arzt, Röntgen, CT, Labor im Erdgeschoß mußte. Da waren teilweise lange verwinkelte Flure oder Gänge in der Uni-klinik. Auch waren auf den Gängen immer viele Leute unterwegs oder es standen Betten, Putz- oder Essenwagen herum. Auf diesen Wegen wurde ich unmittelbar mit meinem Gesichtsfeldausfall konfrontiert. Diese Einschränkung macht mich sehr unsicher in Räumen, wo viele Personen anwesend sind, wie z.B. in der Cafeteria der Uni- Klinik. Dort war immer viel Besuch. Auch so einfache Dinge, wie sich auf dem Essentablett zurechtzufinden ohne etwas umzukippen war anfangs nicht so einfach und es ließ mich manchmal verzweifeln, wenn etwas daneben ging. Dies alles waren für mich selbstverständliche einfache Dinge, die auf einmal für mich zu Problemen wurden, wie z.B. plötzlich aus dem Nichts auftauchende Personen, Putzwagen, Betten oder Eimer usw. Hierzu kommt noch die Einschränkung durch die verminderte Reaktion und Konzentration und verminderte geteilte Aufmerksamkeit. Bei all diesen Behinderungen habe ich noch großes Glück gehabt, denn es hätte alles noch viel schlimmer kommen können.

Nachdem ich wieder nach Wesel ins ev. Krankenhaus zurück verlegt worden war, dämmerte es mir so langsam, daß die Genesung noch einige Zeit dauern würde, vielleicht bis zum Sommer 2000. Was mich auch noch erschreckte war die Tatsache, daß ich große Schwierigkeiten hatte, mich in dem Krankenhaus zurechtzufinden, von dem ich meinte eigentlich alles vom Keller bis unters Dach zu kennen. Auch hatte ich immer noch Gefühlsstörungen im linken Arm und Bein. Manchmal war es schon deprimierend für mich, von der Schwester zum Röntgen, CT oder Krankengymnastik gebracht oder abgeholt zu werden. Bei der Krankengymnastik merkte ich, daß ich sogar Probleme hatte auf einer sich bewegenden schiefen Ebene oder dem Laufband das Gleichgewicht zu halten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich immer noch die Hoffnung das alles wie früher wird.

Anschlussheilbehandlung:

Vom Krankenhaus wurde ich noch im November zur AHB in der REHA in Hagen-Ambrock geschickt. Als Beifahrer auf der Hinfahrt nach Hagen und den Wochenendfahrten mit meiner Familie wurde mir zu meiner Enttäuschung bewußt, daß es mit dem Autofahren vielleicht nichts mehr wird. Anfangs war ich in der Klinik sehr desorientiert, weil diese sehr groß war, und die Therapien im Gebäude auf verschiedenen Etagen verteilt gegeben wurden. In den ersten Wochen fand ich schon öfters den entsprechenden Therapieraum oder mein eigenes Zimmer nicht. Nach ein paar Wochen wurde es mit der Orientierung immer besser und ich erreichte immer pünktlich meine Therapie.

Problematisch war es leider immer noch mit dem Gesichtsfeld und den Defiziten im kognitiven Bereich. Der Gesichtsfeldausfall war für mich am schlimmsten bei der Wassergymnastik, weil ich ja mit mehreren Patienten im Wasser war. Bälle oder andere Gegenstände im Wasser zu fangen war immer eine Herausforderung und ging oft daneben. Genauso schwierig war der Besuch der Kantine zu den einzelnen Mahlzeiten. Dies war immer ein Slalomlauf und Aufpassen, daß ich niemanden übersehe und ein Essenstablett umstoße oder über irgendeinen Rollator oder Rollstuhl stolpere.

Hier stellte ich fest, wieviel Glück ich gehabt habe. Ich konnte Mitpatienten, die es viel schlimmer getroffen hatte hin und wieder behilflich sein.

Bei Therapien, wo die Konzentration, Reaktion, Ausdauer, Logik, Gedächtnis, Wahrnehmung und Aufmerksamkeit geprüft und trainiert werden sollte hatte ich große Probleme.

Dies waren aus meiner Sicht eigentlich triviale Dinge( Klötzchenschule) welche ich nicht verinnerlichte, weil ich sie auch nicht wahrhaben wollte ( Therapieunwillig ). Für mich war dies sehr niederschlagend und diente nur um festzustellen , was ich alles nicht mehr kann. Dies wurde mir alles aufgezeigt oder gesagt, dann durfte ich wieder gehen.

Ich fühlte mich sehr schlecht und nach diesen negativen Eindrücken. Es wurde auch nie darauf eingegangen, was ich noch kann. Eigentlich fehlte eine pädagogische Nachbereitung der Therapie. Ich fühlte mich sehr alleingelassen, als man mir klar machte, daß ich so schnell nicht mehr arbeiten gehen könnte. Weihnachten durfte ich wieder nach Hause, in der Hoffnung ohne große Pause ambulante Therapie zu bekommen.

Zuhause:

Es hat viel Nerven und Kraft gekostet endlich ambulante neuropsychologische Therapie ( Wahrnehmungstherapie) in Duisburg zu bekommen. Diese Therapieform gibt es nun mal nicht in Wesel. Dies mussten wir erst den Kostenträgern klarmachen und zog sich bis Ende April 2000 hin.

Da ich bis dahin immer noch im Krankenstand war und dies sich nicht in absehbarer Zeit ändern würde, teilte mir mein Dienstherr mit, dass ich im September 2000 beim Amtsarzt des Gesundheitsamtes Wesel mich vorstellen sollte, bzgl. der Feststellung der Dienstfähigkeit.

Aufgrund des Gutachtens der Amtsärztin wurde ich dann wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31.12.2000 vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Dies war schrecklich für mich, denn ich liebte meinen Beruf sehr. Nur dies merkte ich erst in den nächsten Wochen. Denn plötzlich von heute auf morgen fiel das soziale Umfeld Arbeit weg. Ich merkte erst jetzt, was es mir eigentlich bedeutete.

Heute:

So richtig habe ich mit meinem Berufsleben abgeschlossen, nachdem meine ehemalige Dienststelle in Düsseldorf aufgelöst wurde und seit dem 01.04.2003 in Mönchengladbach ist. Bis jetzt habe ich immer regelmäßig neuropsychologische Therapie gehabt. Diese hat mir sehr geholfen bei der Bewältigung meiner Krankheit und vor allem sie überhaupt zu akzeptieren und mit den daraus resultierenden Folgen fertig zu werden

Ich persönlich habe mit meiner Gehirnblutung eigentlich großes Glück gehabt. Gott sei dank habe ich keine körperlichen Gebrechen und den Gesichtsfeldausfall sieht man mir nicht an. Der Laie kann sich nichts darunter vorstellen, er setzt das immer mit schlecht sehen gleich

Inzwischen habe ich mir eine Ersatzbeschäftigung bzw. Hobby gesucht. Ich male Aquarelle. Das Malen ist für mich sehr wichtig.ich kann mich hierbei sehr gut entspannen und von meiner Krankheit Ablenken.

Natürlich würde ich noch gerne Autofahren, dies geht leider nicht mehr.

Gedanken mache ich mir heute noch manchmal über den verschobenen Zeitpunkt der Operation in der Uni-Klinik in Essen. Schließlich waren das ja mehrere Stunden. Was wäre, wenn ich sofort operiert worden wäre? Ich hätte vielleicht ein unausgeschlafenes OP-Team gehabt, oder hätte ich noch mein komplettes Gesichtsfeld? Ich glaube es ist müßig darüber weiter nachzudenken, denn es hilft mir doch nicht weiter.



Wie


Wir niederrheinischen Menschen sind ja oft von einem...
Wie soll ich sagen
Von einem sturen Unglauben
Bis wir mal wat glauben dat dauert furchtbar lang
Aber es kann auch natürlich sein
Daß wir es schon ahnen
Und et dann aber nicht glauben wollen
Weil et so schlimm ist im Leben
Meistens
Wommasosagen: Wenn uns wat nich inne Kram paßt
Glauben wir et einfach nich
Dat nennen die Psychologen ja verdrängen
Un wir Niederrheiner sind ja Chefverdränger
Ich sage Ihnen
Wat am Niederrhein nich alles am Tag verdrängt wird
Dat paßt in keine Talsperre
Weil et is manchmal zuviel für unsereinen im Leben
Wie gesagt
Un dann is ma ja den Tragödienkram leid
Und dann will man nix hören un nix mehr sehen
Also ein Ohr ein ander Ohr raus
Un damit man dann aber nich ganz unhöflich is
Also sagen wir mal doch Anteil nimmt am Geschehen
Benutzt der Niederrheiner oft mit gespieltem interesse
Das kleine Wörtchen WIE
Wie zum Beispiel: Das Fahrrad ist kaputt
Ja Kette gerissen
Wie Kette gerissen
Weiss ich auch nicht
Wie weiß ich auch nicht
Dann sieh ma zu wie de dat Ding wieder in Ordnung kriss
Das war jetzt nur mal son Beispiel
Oder aber wenn et ernster is da geht es dann oft so
De Gerd is krank
Wie krank
Ja wie weiss ich auch nich
De is krank de liegt jedenfalls
Wie de liegt
Ja der liegt weil er krank is
Wo denn
Zu Hause liegt de
Wie de liegt zu Haus warum denn nich im Krankenhaus
Weiß ich doch auch nich
Ja wat soll denn dat heißen
Er hätte son komisch Gefühl gehabt
Wie son komisch Gefühl
Sagt Mathilde
Die hat doch keine Ahnung
Er liegt jedenfalls
Der hat sich bestimmt den Magen verdorben
Wie den Magen verdorben von wat dann
Is doch alles vergiftet heut
Da müßt unsereiner ja auch ständig krank sein
Er hätt son komisch Gefühl gehabt und sich was hingelegt
jedenfall is da was nich in Ordnung
Ja also vom Magen her
Ja und wat tut er dagegen
Umschläge
Wie Umschläge
Ja so heiße Umschläge
Un dat soll gut sein
Ja so heiße Umschläge gegen die Krämpfe
Wie Krämpfe dat hör ich jetzt zum erstenmal Krämpfe
Ja weiß ich auch nich
Jedenfalls von Zeit zu Zeit kommen die dann
So Stiche
Wie Stiche
Ja so Krämpfe die gehen dann wieder weg
Un dafür die Umschläge kochendheiß
Wie kochend heiß
Ja damit de krampf sich löst
Wie de Krampf sich löst
Ja de Krampf de löst sich dann
Wie weiß ich auch nicht
Du weißt doch nie wat wat weißt du denn schon
Ich bin ja kein Arzt ne
Ja ich ja auch nich is de denn schon dagewesen
Wer
De Arzt
Wahrscheinlich nich
Wie wahrscheinlich nich
Mathilde hat jedenfalls nix davon gesagt
Die hat doch sowieso keine Ahnung
Wie lang will de denn liegen bleiben
Komm drauf an
Dann is also de Skatabend im Eimer
Wie im Eimer
Ja de Skatabend
Wir wollten doch heut Abend Skat spielen
Dat is doch jetzt nich so wichtig
Wie nich wichtig
Dienstagabend wird Skat gespielt
Aber de Gerd is doch krank
Wie krank so krank möcht ich auch mal sein
Wenn de mal krank is Hauptsache
Tach zusammen

Hanns Dieter Hüsch



Spendenkonto der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, KTO. Nr.: 50 Deutsche Bank Gütersloh BLZ.: 480 700 40. Falls die Spende für die Selbsthilfegruppe ist, geben Sie bitte als Stichwort > Gesichtsfeldausfall SHG Niederrhein <